Die Erde gerät zunehmend an ihre Belastungsgrenzen. Sie sendet uns deutliche Signale: Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse und das fortschreitende Artensterben sind keine entfernten Zukunftsszenarien mehr, sondern erschreckende Realität. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben bis 2050 voraussichtlich fast 10 Milliarden Menschen auf der Erde. Damit der Planet lebenswert bleibt, braucht es daher ein neues Bewusstsein für ökologische Belastungsgrenzen. Doch wo genau verlaufen diese Grenzen – und wie lassen sie sich bestimmen? Hier setzt das Konzept der Planetaren Grenzen an. Es beschreibt neun biophysikalische Prozesse, die die ökologische Tragfähigkeit der Erde definieren – erstmals vorgestellt 2009 von Johan Rockström und einem internationalen Forschungsteam (pik-potsdam.de).
Trotz seiner Bedeutung für eine lebenswerte Zukunft ist das Konzept außerhalb fachlicher Gruppen in Deutschland kaum bekannt. Einzelne Planetare Grenzen – wie etwa der Klimawandel – erfahren zwar zeitweise große mediale Aufmerksamkeit, doch dieser Fokus ist ambivalent: Einerseits wird dadurch das Bewusstsein für bestimmte Themen geschärft, andererseits besteht die Gefahr, dass andere ebenso entscheidende Grenzen aus dem Blick geraten. Häufig fehlen zudem ein ganzheitliches Verständnis sowie die Berücksichtigung der wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den Planetaren Belastungsgrenzen.
Unser Projekt
Genau hier setzt unser Schulprojekt „VIA – Die Virtuelle Ausstellung zu den Planetaren Grenzen“ an. Das Projekt macht das bislang wenig bekannte Konzept der Planetaren Grenzen erlebbar und verständlich – und öffnet es für eine breite Öffentlichkeit.
Herzstück ist eine virtuelle 3D-Ausstellung, die Besucher*innen aus ganz Deutschland dazu einlädt, die neun Grenzen spielerisch und anschaulich zu erkunden. Besonders junge Menschen und Lehrkräfte stehen im Fokus: Schulklassen der Sekundarstufe II erhalten die Möglichkeit, die Ausstellung aktiv mitzugestalten und eigene digitale Exponate einzubringen. So wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Teilhabe ermöglicht. Begleitend dazu entwickeln wir umfangreiche Unterrichtsmaterialien und bieten Fortbildungen an, um die Einbindung des Themas in den Unterricht zu erleichtern. Die multimediale Ausstellung wird voraussichtlich ab Ende 2025 kostenlos zur Verfügung stehen.
Auch für die breite Öffentlichkeit schaffen wir Angebote: Digitale Themenabende laden zum Austausch zwischen Wissenschaft, Bildung und Gesellschaft ein, und eine bundesweite Kampagne sorgt dafür, dass die Ausstellung und die Bedeutung der Planetaren Grenzen weithin sichtbar werden. Auf diese Weise schlägt VIA eine Brücke von der Forschung hinein in den Alltag – und trägt dazu bei, ein Bewusstsein für die Dringlichkeit eines nachhaltigen Umgangs mit unserem Planeten zu verankern.

Mitdenken, mitmachen, mitgestalten
Um sowohl wissenschaftlichen als auch pädagogischen Anforderungen gerecht zu werden, bilden wir einen Beirat aus Expert*innen zu den Planetaren Grenzen sowie Pädagog*innen. Doch nicht nur Forschende oder Lehrkräfte sind gefragt: Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen. Ob kreative Impulse, Erfahrungen aus der Bildungsarbeit oder neue Wege, die Themen zu vermitteln – wir freuen uns über vielfältige Perspektiven. Wer sich beteiligen oder eine Idee mit uns teilen möchte, kann sich jederzeit an kommunikation@deutscheumweltstiftung.de wenden. VIA lebt von Austausch – und von Menschen, die mitgestalten wollen.
Kurz & Knapp: Das Konzept der Planetaren Grenzen
Es gibt insgesamt neun planetare Grenzen, die zusammen einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit definieren. Werden diese überschritten, können sogenannte Kipp-Punkte erreicht werden. Das sind großräumige, abrupte und irreversible Umweltveränderungen, die die Stabilität des Planeten gefährden. (GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel)

Diese Grenze gilt als überschritten. Auch in Deutschland sind Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren zunehmend spürbar. Mit jedem Zehntelgrad Temperaturanstieg wächst das Risiko irreversibler Veränderungen des Erdsystems. Die wohl bekannteste planetare Grenze, die durch die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre definiert wird, liegt bei 350 ppm. Diese Grenze ist jedoch bereits überschritten: 2022 betrug die weltweite CO₂-Konzentration 417,07 ppm.
Diese Grenze gilt als überschritten. Die biologische Vielfalt und die Gesundheit der natürlichen Lebensräume sind entscheidend für die Stabilität des Erdsystems. Menschliche Eingriffe gefährden diese ökologische Balance. Die Zerstörung von Ökosystemen und das Aussterben von Arten haben deutlich zugenommen.
Die Ozeane weltweit nehmen stetig mehr CO₂ auf. Somit sinkt ihr pH-Wert und sie versauern. Der Anstieg von CO₂ in der Atmosphäre führt dazu, dass das Wasser dieses Gas aufnimmt und es sich in Kohlensäure verwandelt. Dies beeinflusst die Meereslebewesen und ihre Lebensräume, was auch Auswirkungen auf uns Menschen hat. Aktuell ist die Grenze für die Versauerung der Ozeane nicht überschritten.
Diese Grenze gilt als überschritten. Die Menschheit hat viele neue Stoffe in die Umwelt eingeführt, die vorher nicht existierten, darunter Plastik, Farbstoffe und Flammschutzmittel. Diese künstlichen Substanzen sind für viele Lebewesen schwer zu bewältigen, da sie in der natürlichen Evolution bisher kaum vorkamen.
Die Ozonschicht um den Erdball schützt vor schädlicher UV-Strahlung. Ein Loch, welches durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) verursacht wurde, geht auf menschliches Handeln zurück. Die internationale Gemeinschaft ergriff Maßnahmen und verbot diese Stoffe. Heute zeigt sich eine langsame Erholung der Ozonschicht. Dank entschlossener politischer Maßnahmen konnte eine Überschreitung der planetaren Grenze verhindert werden.
Diese Grenze gilt als überschritten. Stickstoff und Phosphor sind essenziell für das Leben, da sie wichtige Nährstoffe für Organismen darstellen. Wie andere Nährstoffe folgen sie natürlichen Kreisläufen, an die sich die Ökosysteme über Millionen von Jahren angepasst haben. Doch menschliche Aktivitäten haben diese Kreisläufe erheblich gestört.
Der menschliche Ausstoß von Aerosolen, wie beispielsweise Rußpartikeln, hat nicht nur schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern verändert auch das Klimasystem. Es ist noch unklar, ob die Grenze für die Luftverschmutzung durch diese Partikel bereits überschritten wurde oder nicht – dies muss noch genauer untersucht werden. Allerdings sind in vielen Regionen schon deutliche negative Auswirkungen zu beobachten.
Diese Grenze gilt als überschritten. Die Landwirtschaft und der Städtebau führen zu erheblichen Veränderungen der Landschaft. In den letzten fünf Jahrzehnten wurden weite Waldflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt, wodurch viele Wälder ihre bedeutenden Ökosystemfunktionen verloren haben.
Süßwasser ist unverzichtbar für das Leben von Menschen, Pflanzen und vielen anderen Organismen. Bisher galt die Annahme, dass die planetare Grenze für den Wasserhaushalt der Erde noch nicht überschritten wurde. Neue Erkenntnisse zeigen jedoch, dass „grünes Wasser“ – das für Pflanzen verfügbare Wasser wie Regen, Bodenfeuchtigkeit und Verdunstung – zunehmend knapper wird. Diese Grenze ist bereits im kritischen Bereich.
Förderhinweis
Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.