Ökologische Erinnerungsorte Umweltbuch des Monats März 2014

Das Konzept der Erinnerungsorte gibt‘s schon länger – und es besitzt offensichtlich eine eigene Magie. Seit 2001 erschienen Bücher über Deutsche Erinnerungsorte, Erinnerungsorte der Antike, Erinnerungsorte des Christentums. Die natürliche Umwelt spielte in diesen Büchern keine Hauptrolle, bestenfalls eine Nebenrolle. Das sollte, das musste anders werden durch das Projekt „Umwelt und Erinnerung“ am Rachel Carson Center in München.

Mit Hilfe seiner Studenten und einer Reihe externer Kooperanden hat der Leiter des Projekts, Frank Uekötter, ein faszinierendes Buch vorgelegt – und dies gut begründet: Auch bei Umweltthemen leben wir inzwischen in einer erinnerungsgesättigten Gesellschaft. Nach Jahrzehnten ökologischer Debatte findet sich kaum noch ein Thema, das nicht einschlägig vorgeprägt ist.

Elf Erinnerungsorte werden in diesem Buch ausführlich beschrieben, in drei Kategorien sortiert: in deutsche, grenzüberschreitende und globale Erinnerungsorte. Es geht den Autoren dabei darum, nicht nur das Potential des Konzepts ökologischer Erinnerungsorte auszuloten, sondern auch Lust auf Umweltgeschichte zu machen – um so einen Leserkreis jenseits der Fachkollegen zu erreichen. Man will das Spektrum der Möglichkeiten abschreiten und die Vielfalt der möglichen Themen und Perspektiven belegen und kommt so zu einer bunten – und wie man gleich hinzufügen muss – unerwarteten Palette interessanter Ereignisse.

Ein Beispiel ist das Wort GAU (Autor: Joachim Radkau), die Abkürzung für den größten anzunehmenden Unfall, der sich von seinen Ursprüngen in der Atomdebatte emanzipiert und sich in der Alltagssprache als Synonym für ein spektakuläres Missgeschick etabliert hat. Auch bei den ausgewählten globalen Erinnerungsorten gelingt dem Herausgeber eine Überraschung. Das koloniale Erdnuss-Projekt im heutigen Tanzania gilt als Manifestation planerischer Hybris, die zum Inbegriff eines aus dem Ruder laufenden Großprojekts wurde.

Am Ende des Buches drängt sich die Frage auf, welche ökologischen Erinnerungsorte dieser Art der Leser selbst erinnert und behandelt sehen möchte. Dafür aber müssen wir auf die weiteren Bände warten, die aus dem Projekt „Umwelt und Erinnerung“ entstehen werden.

Frank Uekötter (Hg.)
Ökologische Erinnerungsorte
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2014, 334 Seiten, mit 11 Abbildungen und 2 Karten, 29,99 €
ISBN: 978-3-525-30051-0