Für eine Ökosoziale Marktwirtschaft von Franz J. Radermacher

Das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung FAW/n in Ulm arbeitet in vielfältigen Kontexten an Zukunftsfragen und der Zielvorstellung einer nachhaltigen Entwicklung für die ganze Welt. Als Beiratsmitglied bei der Deutschen Umweltstiftung arbeite ich mit, weil diese Stiftung viele wichtige Projekte initiiert hat und Anlass zur Hoffnung gibt. Hoffnung, dass etwas bewegt werden kann – auch in schwierigen Zeiten.

Wo setzen die eigenen Überlegungen an? Generell und in der Tradition des Club of Rome haben wir am FAW/n ab 1998 mehrere große Projekte der EU wesentlich mitgeprägt, die sich vor dem Hintergrund des Weges in die weltweite Informations- und Wissensgesellschaft mit der Zukunft der Welt in Zeiten der Globalisie-rung beschäftigen. Diese zielten auf eine aussagefähige Modellierung der weltweiten Verhältnisse, und zwar – gemäß Subsidiaritätsprinzip – in einer globalen, kontinentalen, nationalen, regionalen bis lokalen Ebene auf Basis von fünf zentralen Parametern:

  • Größe der Weltbevölkerung
  • Größe der Wirtschaftsleistung
  • ein Faktor technisch-ökologischer Effizienz
  • das Balanceniveau der Einkommensverteilung
  • die verfügbaren Ressourcen (im Verhältnis zum Jahresverbrauch)

Ganz wesentlich ist die Erkenntnis, dass ein balanciertes Niveau des sozialen Ausgleichs charakteristisch ist für wohlhabende Staaten, den größten Wohlstand hervorbringt und den besten Umweltschutz erlauben. Unser Vorschlag ist, dieses Balanceziel in das Magische Viereck der Volkswirtschaftslehre aufzunehmen. Ein weiteres Ziel ist es, einen entsprechenden Balancewert weltweit zu erreichen und damit die globale Apartheid zu überwinden. Ziel ist Wohlstand für die ganze Welt, aber kompatibel mit der Idee einer nachhaltigen Entwicklung. Das zielt auf ein sogenanntes „Grünes Wachstum“ bzw. einen doppelten „Faktor 10“, beinhaltet wesentlichen weiteren technischen Fortschritt, aber auch die Inkooperation der Knappheiten der Ressourcen in das weltökonomische System. Das ist dann eine zentrale Frage der Global Governance. Insofern gibt es in den Arbeiten zwei Zielrichtungen: einerseits die notwendige Innovation im Bereich der Technik und an-dererseits die notwendige Innovation im Bereich der Governance.

Bezüglich der Innovation in Technik werden von uns bezüglich der aktuellen Klima- und Energieproblematik insbesondere folgende ergänzende Themen als wichtig angesehen:

  • Desertec, das schon lange vom Club of Rome unterstützt wird
  • Aufwindkraftwerke
  • Overlay Netzwerke auf Basis von Gleichstrom/Hochspannung, potenziell mehrere hundert Tausend Volt
  • SuperTief-Bohrtechnologie

Bezüglich der aktuellen Klima- und Umweltdebatte beinhalten die Arbeiten am FAW/n eine grundsätzliche Position für den weltweiten Ausstieg aus der Kernenergie, aber das nur über einige Jahrzehnte, weil es sonst ein Problem geben wird in der Klimafrage, das die ganze Welt, vor allem aber die Ärmsten, viel massiver treffen wird, als Unfälle im atomaren Bereich, inklusive Fukushima. Die Arbeiten am FAW/n zielen darüber hinaus auf ein grundsätzliches Verständnis des Ökonomischen und seiner Wechselwirkung mit Nachhaltigkeit. Wir arbeiten an der sogenannten Fundamentalidentität:

Markt + Nachhaltigkeit = Ökosoziale Marktwirtschaft

Diese Identität beinhaltet auch einen wichtigen Input in die aktuelle Debatte zu einem neuen Begriff der Wirtschaftsleistung („GDP and beyond“). Wir setzen dabei auf die Anreicherung des Leistungsbegriffs mit Systemen von Leitplanken, wobei insbesondere die Leitplanken die Nachhaltigkeit einer Gesellschaft sicherstellen müssen.

Ich erhoffe mir für alle diese Themen interessante Wechselwirkungen zu den Pro-ekten der Umweltstiftung bei der ich in der Vergangenheit auch schon als Mitglied der Jury mitgewirkt habe. Ich erhoffe mir viel dazu zu lernen und setzen auf die Wechselwirkung mit der Akademie und ihren Partnern und Projektnehmern, auch als Voraussetzung für die Ermöglichung einer besseren Zukunft.